Toptorhüter der nationalen und internationalen Spitze hat das Krefelder Hockey und da vor allen Dingen der Crefelder HTC schon einige hervorgebracht. Man denkt da sofort an den Olympiamedaillen-Gewinner Christian Schulte, an Mark Appel, der am 3. Januar 2018 im kleinen Finale der World League gegen Indien den einzigen Treffer für Deutschland erzielte. Wegen Verletzungen und mehreren erkrankten Spielern gab es nur noch zehn einsatzfähige Akteure und so wurde Mark Appel als Stürmer aufgestellt. Zu der Reihe gehören der außergewöhnlichen Goalies im CHTC gehören auch der Junioren-Weltmeister von 2009, Niklas Sakowsky, und Luis Beckmann, der 2020 in der Halle Europa-Meister wurde. Jetzt möchte Lasse Kille (16) in die Fußstapfen seiner Vereins-Heros treten. Am Wochenende feiert er Premiere im Tor der U16-Natonalmannschaft. Zweimal spielt das Team in Mönchengladbach gegen Belgien. Und dieser Gegner ist nicht irgendwer, sondern das Team unseres Nachbarlandes repräsentiert eine der stärksten Hockey-Nationen der Welt. Wirklich nervös ist Lasse trotz allem noch nicht. „Ich habe mich ein bisschen mental auf die Spiele eingestellt“, erzählt Lasse. „Im Moment überwiegt die Vorfreude, dass ich für die Nationalmannschaft spielen darf. Und stolz bin ich natürlich auch. Die Nervosität kommt sicher kurz vor dem Anpfiff. Schließlich sind das meine ersten Länderspiele. Ich gehe davon aus, dass die Belgier technisch und körperlich sehr fit sein werden. Sie werden uns alles abverlangen, es wird sicherlich ein ordentlicher Fight werden. Vielleicht nicht so wie gegen die Niederlande, aber Belgien ist ja auch ein Nachbarland, sodass da immer ein bisschen Rivalität im Spiel ist“, so Lasse Kille weiter.

Der Trainer des Hockey-Talents beim Crefelder HTC heißt Markku Slawyk und er ist ein Coach, der gerade im Nachwuchsbereich ein hohes Ansehen genießt. Er kennt Lasse und weiß um seine sportlichen und menschlichen Qualitäten: „Für sein Alter ist er sehr athletisch, körperlich sehr stark, großgewachsen, sehr schnell, und das alles bringt er in sein Torwartspiel ein. Technisch ist er ebenfalls schon recht weit, wobei da sicherlich noch Entwicklungspotenzial besteht. Er hat meiner Ansicht nach eine ganz bestimmte Grundeigenschaft, die ihn als selbstbewusstes und erfolgreiches Talent auszeichnet, und zwar eine gewisse Demut. Eine Demut, sich Dinge auch selbst wirklich aneignen zu wollen. Nach Wegen suchen, zu trainieren. Er sucht nie Ausreden und das er bereit ist, sich wirklich reinzuhängen“ so Trainer Markku Slawyk. Außerdem sei Lasse ein ausgewiesener Teamplayer, „der aber auch durchaus seinen eigenen Standpunkt vertreten kann. Er kann seine Mitspieler

coachen, ist aber selbst auch kritikfähig. Alles altersgemäß, aber durchaus schon mit einer gewissen Reife“, so der Trainer weiter.

Torhüter, ganz egal in welcher Sportart, sind immer aus ganz besonderem Holz geschnitzt. Das sieht auch der 16-jährige Lasse Kille nicht anders, aber er sieht sich nicht als Einzelgänger oder gar als Fremdkörper im Team: „Natürlich ist man irgendwie ein bisschen ab von der Gruppe, weil man anders trainiert, ganz anders spielt, aber das wirkt sich hier nicht so aus. Mein ganzer Freundeskreis überschneidet sich größtenteils mit der Mannschaft, da fällt es mir nicht auf, dass ich da ein wenig abweiche. Aber klar, wenn es um das Hockey spielen geht, dann mache ich schon einen ganz eigenen Job“.

Törhüter werden auch schnell zum tragischen Helden. Schießt zum Beispiel ein Stürmer knapp vorbei oder ein Verteidiger lässt seinen Gegenspieler zu viel Platz, dann sind schließlich noch neun andere Feldspieler da, um die Situation zu klären. „Ja, klar, man ist schnell mal der Buhmann, aber man wird auch schnell mal gefeiert. Der Druck ist generell hoch beim Torhüter, weil ein Fehler in der Regel eben fatale Folgen haben kann. Aber letzten Endes entscheidet man sich ja aus freien Stücken für die Torwartposition. Ich glaube ich komme ganz gut mit dem Druck klar. Und am Ende ist die Mannschaft eh immer für einen da, selbst wenn man mal einen Fehler macht“, resümiert Lasse Killi. Ins gleiche Horn stößt sein Trainer Markku Slawyk, denn man verliert zusammen und man gewinnt zusammen. Und das ist nicht nur eine Floskel: „Natürlich. Der Torwart gehört genau wie jeder Feldspieler zum Team dazu. Wie auch Trainer und Stab. Auch da hat Lasse schon eine gute Qualität. Er geht äußerst konstruktiv und kritisch mit Ergebnissen um und denkt immer schon an das nächste Spiel. Da geht Lasse sehr weit voran“, meint sein Trainer.

Lasse besucht das Moltke-Gymnasium und ist, nach eigener Aussage, ein „ganz guter Schüler“. Gleich nach dem Interview stand noch eine Chemie-Klausur auf seiner Agenda. Also Schulstress Pur – wobei Schulstress in Lockdown-Zeiten ja eine andere Dimension hat. Das hat auch Hockeytorhüter Lasse Kille erkannt: „Es ist schon schwierig, das alles immer in die Reihe zu bekommen, also Hockey, Schule und Freunde treffen. Natürlich muss man abends nach dem Training zwei, drei Stunden über den Schulbüchern sitzen. Aber aktuell, gerade in der Corona-Zeit, geht das alles ganz gut, weil die Schulbelastung im Moment nicht ganz so hoch ist“.

Der Wechsel zwischen Distanz- und Präsenz-Unterricht ist die eine Seite, die andere Seite der Medaille ist die Ungewissheit im sportlichen Bereich. Man wusste ja lange nicht, ob Training stattfinden darf oder nicht, ob Kontakte, also Zweikämpfe, erlaubt sind oder nicht. Alles war und ist ja immer noch mit einem Fragezeichen versehen. „Das haben wir Spieler immer wieder gemerkt. Die Trainingszeiten wurden oft verschoben, dann durften wieder nur diese oder jene Kaderspieler trainieren, dann wieder konnte gar kein Training stattfinden. Das war in den letzten Monaten schon ein großes Durcheinander. Aber der CHTC hat es geschafft, ein ordentliches Trainingsangebot aufzustellen, sodass wir gut gefördert werden“.

Der kleine Lasse begann schon mit dreieinhalb Jahren beim Crefelder HTC das Hockeytraining. Die Sportart Hockey wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt. „Meine Mutter und deren komplette Familie sind schon lange eng mit dem CHTC verwachsen. Meine Tante und mein Cousin sind hier Trainer“, erzählt Lasse. Als Alternative zum Hockey wäre Fußball in Frage gekommen. „Das habe ich auch recht lange und recht gut gespielt“. Aber der familiäre Druck wurde einfach zu groß. Und so wurde es am Ende doch Hockey, und ich bleibe gern dabei“, lacht der Neu- Nationalspieler Lasse Kille. Und das mit dem Hockey hat ja auch geklappt. Jetzt winkt sogar das U16-Nationalteam. Der einzige Wermutstropfen ist wohl, dass die Eltern nicht live vor Ort zuschauen dürfen – wegen den Corona-Bestimmungen. „Ich habe da auch noch keine anderen Infos. Leider werden wohl alle auf den Livestream ausweichen müssen, was natürlich schade ist, gerade bei einem so besonderen Spiel“, sagt Lasse Kille.

Die gesamte CHTC-Familie hält dem Torwarttalent am kommenden Wochenende natürlich die Daumen und wünscht viel Erfolg. Seine sportlichen Ziele fasst Lasse Kille folgendermaßen zusammen: „In dieser Saison möchte ich mit meinem Team die westdeutsche Endrunde erreichen um dann in der Zwischenrunde zur Deutschen Meisterschaft den anderen Teams einen ordentlich Fight bieten. Dann mal gucken, ob nicht noch mehr geht, in Richtung Endrunde zur Meisterschaft – Wer weiß“.

Bleiben noch die mittel- und langfristigen Ziele – sportlich und privat: „Ich möchte schon in den nächsten zwei, drei Jahren den Sprung in den Kader der Ersten Herren beim CHTC schaffen, um dann in der hoffentlich bis dahin wieder ersten Bundesliga zu spielen. Was danach kommt, ist jetzt schwer abzusehen. Ich bin noch ziemlich jung, aber der Wunsch, irgendwann mal Herrennationalmannschaft zu spielen, ist schon irgendwie da“, hofft Nachwuchstorhüter Lasse Kille. Bleiben noch die beruflichen Perspektiven. Da lässt sich Lasse einige Türen offen: „Da weiß ich noch nicht so wirklich, wo mein Weg hinführt. Ich tendiere Richtung Naturwissenschaften oder Wirtschaft, aber konkret entschieden habe ich mich noch nicht“.

Zum Schluß ein Tipp von CHTC-Nachwuchstrainer Markku Slawyk: „Lasse soll seine Länderspiel-Premiere im U16-Nationalteam vor allen Dingen genießen. Ich finde, er hat es verdient, seinen Verein und Deutschland auf diesem Niveau zu vertreten. Er soll reinschnuppern in dieses Level und dann die Freude und die Leidenschaft mitnehmen“.